Regenerative Organisationen entstehen nicht über Nacht. Sie entwickeln sich – in einem Prozess des Lernens, Ausprobierens und Verbindens. Der Weg beginnt oft mit einer einfachen, aber kraftvollen Frage: Wie können wir als Organisation dazu beitragen, dass Menschen, Gesellschaft und Umwelt sich regenerieren?
Diese Frage öffnet den Raum für neue Formen des Wirtschaftens. Sie lenkt den Blick weg von kurzfristiger Effizienz hin zu langfristiger Wirkung. Regeneration ist kein Zustand, sondern eine Bewegung – ein Entwicklungspfad, der sich entlang dreier Dimensionen entfaltet: regenerativer Sinn, lebendige Beziehungen und Organisation als Organismus innerhalb von Ökosystemen.
In meinem Buch „Die Regenerative Organisation“ zeige ich diese drei Cluster in Verbindung mit dem SySt®-Glaubenspolaritäten-Schema – einer Abbildung, die sichtbar macht, zwischen welchen Polen sich regenerative Entwicklung bewegt: Erkenntnis, Vertrauen und Ordnung.

1. Regenerativer Sinn
Der erste Pfad führt von einer rein ergebnisorientierten Logik hin zu einem tieferen Bewusstsein für den eigenen Beitrag zum Ganzen. Organisationen beginnen, ihre Entscheidungen an Sinn und Werten auszurichten. Das kann heißen, die eigene Wirkung zu reflektieren, Purpose und Werte gemeinsam zu formulieren und sie als Richtschnur in der täglichen Praxis zu nutzen.
Manche Unternehmen verankern diesen Sinn in Entscheidungsprozessen, indem sie sich fragen: „Welche Wirkung hat diese Entscheidung auf Menschen, Planet und Zukunft?“ So entsteht Orientierung, die weit über Profitziele hinausgeht.
2. Lebendige Beziehungen
Der zweite Pfad betrifft die Art, wie Menschen miteinander arbeiten. Hier geht es darum, Beziehung und Selbstfürsorge als Quelle von Lebendigkeit zu verstehen.
Organisationen, die diesen Weg gehen, schaffen Räume für echte Begegnung: regelmäßige Dialogformate, Rituale der Reflexion oder Rollen, die für das emotionale Klima im Team sorgen. Spannungen werden nicht verdrängt, sondern genutzt, um Neues entstehen zu lassen.
Auch das Thema Balance spielt eine zentrale Rolle – zwischen Geben und Nehmen, Arbeit und Regeneration, Ich und Wir. So entsteht eine Kultur, in der Menschen sich entfalten und gleichzeitig zum Gemeinsamen beitragen können.
3. Organisation als Teil von Ökosystemen
Der dritte Pfad erweitert den Blick nach außen. Regenerative Unternehmen verstehen sich als lebendige Organismen, die in Wechselwirkung mit ihrem Umfeld stehen. Sie fördern Transparenz, pflegen langfristige Beziehungen zu Lieferantinnen, Kunden und Partnerinnen und teilen Wissen über Branchengrenzen hinweg. Ein wesentlicher Hebel liegt im Organisationsdesign: Strukturen, Prozesse und Entscheidungswege werden so gestaltet, dass sie Sinn und Beziehungen unterstützen.
Hier zeigt sich, wie eng das Innen und Außen einer Organisation verwoben sind – das Design wird selbst Teil des Ökosystems. Viele regenerative Unternehmen öffnen sich für Kooperationen statt Wettbewerb – und entdecken, wie nährend es sein kann, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.
Regenerative Entwicklung braucht Mut und Ausdauer
Sie erfordert die Bereitschaft, Spannungen zu halten und immer wieder gute Balancen zu suchen – zwischen Stabilität und Wandel, Leistung und Fürsorge, Eigenverantwortung und Verbundenheit.
Doch die Erfahrung zeigt: Organisationen, die diesen Weg gehen, gewinnen an Sinn, Lebendigkeit und Gestaltungsfreude. Sie werden zu Akteurinnen einer neuen Wirtschaftskultur – einer, die Leben ermöglicht, statt es zu verbrauchen.
Vielleicht ist genau das die Einladung dieser Zeit: den Mut zu haben, regenerativ zu führen, zu wirtschaften und zu gestalten.
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Lesen Sie auch die ersten Beiträge der Autorin:
Lebendigkeit statt Erschöpfung – Warum Organisationen heute Regeneration brauchen
Muster regenerativer Organisationen
Im Buch „Die regenerative Organisation“ untersucht die Autorin regenerative Unternehmen, die aktiv regenerieren statt nur Schäden zu reduzieren. Das Buch beleuchtet anhand von Fallbeispielen die Muster und Praktiken solcher Organisationen und zeigt Wege auf, wie Unternehmen sich in Richtung Regeneration entwickeln können. Mit einem Geleitwort von Matthias Varga von Kibéd.
