5 Fragen an … Christian Herles

Christian Herles, Autor des Buches „Unternehmensinterne Rechtsberatung“ war nach seinem Studium zunächst in einer Wirtschaftskanzlei als Rechtsanwalt tätig. Anschließend wechselte er in ein Wachstumsunternehmen, um dort eine unternehmensinterne Rechtsabteilung aufzubauen.

Welche Erfahrungen haben Sie bei diesem Wechsel am meisten überrascht?

Die Unternehmenskultur. Das lag vor allem daran, dass der Kontrast zwischen traditioneller Kanzleiboutique und Start-up besonders groß war. Ich war von Anfang an davon beeindruckt, welchen Stellenwert die betriebliche Atmosphäre einnahm und wie sich dies positiv auf die eigene Arbeitsweise auswirkte. Das bezieht sich nicht nur auf freundschaftliche Umgangsformen, die gehörten auch dazu. Vor allem aber fand ich in dem Start-up flache Hierarchien und pragmatische Entscheidungsprozesse vor, was auch die juristische Arbeitsweise prägt. Gefragt war ein möglichst praxisnaher Ansatz, bei dem aber auch ökonomische und strategische Gesichtspunkte eine größere Rolle spielten, als dies in einer externen anwaltlichen Beratung möglich ist. Als Unternehmensanwalt in einem Wachstumsunternehmen ist man in erster Linie Teammitglied und Manager, auch wenn man natürlich gleichzeitig ein Organ der Rechtspflege bleibt.

Weshalb stellt die unternehmensinterne Rechtsberatung ein interessantes Berufsfeld für angehende Rechtsanwält:innen dar?

Unternehmensinterne Rechtsberatung bietet ein abwechslungsreiches und interdisziplinäres Tätigkeitsfeld. Die Rechtsabteilung ist bei einer großen Bandbreite rechtlicher Herausforderungen im Unternehmen die erste Anlaufstelle. Dabei arbeitet man mit vielen Menschen mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen zusammen. Interne Jurist:innen können also jeden Tag neue Erfahrungen und Einblicke gewinnen. In vielen Fällen bietet sich zudem die Möglichkeit einer aktiven Mitgestaltung an Projekten, die über bloße Rechtsberatung hinausgeht. 

Welche Rolle spielt Legal Tech in den Rechtsabteilungen?

Zweifellos eine große und weiter wachsende. Dennoch möchte ich der eher dystopischen These widersprechen, dass Legal Tech die menschliche Rechtsberatung ersetzen wird. Dazu spielen psychologische und kulturelle Aspekte des Berufs eine zu große Rolle. Legal Tech erleichtert und unterstützt aber jede juristische Tätigkeit. In Unternehmen gilt dies vor allem dann, wenn Legal-Tech-Prozesse teilweise automatisiert und somit eine Skalierung ermöglicht. Zudem kann Legal Tech dazu beitragen, dass vorhandenes Wissen in großen Teams nicht verloren geht.

Was nehmen erfahrene Jurist:innen aus Ihrem Buch „Unternehmensinterne Rechtsberatung“ mit?

Zunächst verschafft das Buch einen praxisnahen Überblick über viele wesentliche wirtschaftsrechtliche Problemstellungen und bietet somit eine gute Möglichkeit, sein Wissen aus einer Spezialisierung heraus breiter aufzustellen. Gerade im Berufsalltag besteht die Gefahr, dass Basiswissen verloren geht, weil es durch andere praktische Schwerpunkte verdrängt wird. Hier kann das Buch einen guten Beitrag leisten. Auch lässt sich aus dem Buch ein aktueller Einblick gewinnen, wie technischer Wandel die unternehmensinterne Rechtsberatung gestaltet. Zudem bringt es den weiter an Bedeutung gewinnenden Fokus auf Risikomanagement und Compliance näher.

Welche Skills werden Unternehmensjurist:innen nach Ihrer Einschätzung künftig mitbringen müssen?

Neben einem breiten wirtschaftsrechtlichen Wissen wird auch ein grundlegendes technisches Verständnis immer wichtiger. Insofern gehört auch das Rechtsgebiet des Datenschutzrechts zum Grundhandwerkszeug für fast alle Unternehmensjurist:innen. Wichtig ist neben juristischen Fähigkeiten auch ein Interesse an ökonomischen und unternehmensstrategischen Aspekten. Am wichtigsten ist aber der Spaß und die Bereitschaft, im Team zu arbeiten und sich auf die jeweilige Unternehmenskultur einzustellen.

Die Fragen stellte Anna Pietras, Leiterin Programmbereich Rechnungslegung, Wirtschaftsprüfung & Wirtschaftsrecht.

Mehr erfahren?

Das Buch „Unternehmensinterne Rechtsberatung“ gibt einen praxisbezogenen Einstieg in das Arbeitsfeld. Zielsetzung ist ein Überblick über die Themenkreise, mit denen Unternehmensjuristen und -juristinnen typischerweise befasst sind, wie diese einzuordnen sind und auf welche wesentlichen Gesichtspunkte es in der Praxis ankommt.

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